Sie sind hier: Aufsatzsammlung / Militärhistorische Themen / Militärische Lehren
19.5.2024 : 3:58 : +0200

 

Die Lehren aus dem Waffengang

 


Dem hier behandelten Konflikt kommt in der Kriegsgeschichte eine besondere Bedeutung zu. Man muss sich vor Augen führen, dass zwischen dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 und der Jahrhundertwende kein größerer Krieg mit Teilnahme einer Großmacht stattgefunden hat. In diesen 30 Jahren gab es lediglich Kolonialkriege, deren Dimension sehr beschränkt blieb. Zur gleichen Zeit aber entwickelte sich die Organisation der Armeen, die Militärtechnologie sowie Strategie und Taktik, also das ‚militärische Wissen’, geradezu exponentiell. In diesen Kategorien ist der Russisch-Japanische Krieg ein direkter Vorläufer des Ersten Weltkrieges. Um so erstaunlicher ist es, dass ihm in der Militärhistoriographie vor 1914 diese Bedeutung nicht zuerkannt wird.  Der Mangel an Informationen kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden, da Dutzende Heeres- wie Marinebeobachter verschiedenster Nationalität den Belligerenten ‚über die Schulter’ schauten. Sie wurden Zeugen der neuen Facetten des Krieges. Auf See wurden die erstmals eingesetzten Kontaktminen den japanischen Kriegsschiffen Hatsue und Yashima zum Verhängnis. Die Scharmützel in der Gelben See (August 1904) und die Seeschlacht von Tsushima machten die Mängel der aktuellen Torpedogeneration deutlich, aber auch die Wirkung großkalibriger (Schiffs-) Kanonen in Verbindung mit neuartigen Entfernungsmessgeräten und Feuerleitzentren. Zu Lande zeigte sich die Tödlichkeit moderner Karabiner, schnellfeuernder Artillerie und, allem voran, der Maschinengewehre. Um Verluste gering zu halten, war ein Eingraben und das Errichten von betonierten Unterständen unerlässlich geworden. Der Einsatz moderner Kommunikationsmittel wie Telegraph und Telephon ermöglichte ein bisher nicht gekanntes Zusammenwirken von Infanterie und Artillerie.  Der Infanteriegeneral von Lignitz nennt beispielsweise als neue Kriegsmittel bei Belagerungen: „Rauchschwaches Pulver, Brisanz- Geschossladungen, 11 zöllige Haubitzen, Maschinen-Gewehre, Handgranaten, Dynamit-Bomben, Panzerschutz der Sappeure, elektrisierte Drahthindernisse, Minen, Scheinwerfer, außerdem in den Schutzbauten Anwendung von Panzerungen und Beton.“  Trotz all dieser Veränderungen war es für viele Militärs noch nicht nachvollziehbar, dass die Zeit der großen Infanterieangriffe, der klassischen Bajonett Kämpfe und der Kavallerieattacken vorüber sein sollte.

Weiter: Der Friede von Portsmouth