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19.3.2024 : 9:27 : +0100

Topographische Aspekte und Probleme des Gebirgskrieges

Einige der Eigenarten des Kampfes im Hochgebirge wurden schon angesprochen. Es gab aber noch vielfältige andere Gefahren. So war neben den todbringenden Granaten auch deren Steinsplitterwirkung zu berücksichtigen, wenn sie im Felsgelände einschlugen. Natürlich bot auch manche Felswand erhöhten Schutz gegen Geschosse, zumal wenn in sie Kaverne hineingetrieben waren. Wenn diese aber zu Stollen unter die Stellungen des Gegners verlängert wurden, um sie in die Luft zu jagen, so bedeutete das für diesen eine, dem Krieg im flachen Lande ebenfalls unbekannte, sehr unheimliche Gefährdung. Ein permanenter Gegner war die Natur. Die Truppen waren oft wochenlang Regen, Schnee, Sturm und Kälte bis –50 °C ausgesetzt. Bei Schlechtwettereinbrüchen nahm die Gefährlichkeit des Geländes zu. Zahlreiche Unglücksfälle sind darauf zurückzuführen, dass schwierige Wege und Steige zu jeder Zeit unabhängig von der Witterung passiert werden mussten. Die Kälte machte die Soldaten nicht nur durch Erfrierungen kampfunfähig, sondern auch durch die Vereisung der Verschlüsse ihrer Schusswaffen. Die Schutzfunktion der Gletscher wurde schon angerissen aber gleichzeitig bleibt deren Gefährlichkeit darzustellen. Das Leben im Inneren der Gletscher kostete enorme Kraftanstrengungen, gebot aber auch höchste Vorsicht. Zahlreiche Soldaten stürzten von den eisigen Steigen, Rinnen, Holzbrücken und Leitern ab, verirrten sich im Spaltengewirr und blieben oft verschollen. Es gab spezielle Patrouillen, die permanent das Eis beobachteten. Ständig verschob dieses Kaverne, Weg- und Steiganlagen. Aufgrund der feuchten Umgebung verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Soldaten zusehends. Da aber insgesamt die Verlustzahlen zurück gingen wurde nicht nur auf der Marmolata, sondern auch in den Abschnitten Adamello, Presanella, Ortler und auch von italienischen Truppen die `Erfindung´ der Eisstollen übernommen.

Zur selben Zeit hielt an allen Abschnitten der Lawinentod reiche Ernte. Es waren nicht nur unmittelbar unzählige Todesopfer zu beklagen, jede Lawine war auch ein großes Hindernis für den Nachschub. Die Lasten mussten über die Lawinenhänge getragen werden. Vielfach mussten dafür die Lawinen tunneliert werden. Angesichts des Umstandes, dass die Schneemassen vielfach von umgestürzten Bäumen, Felsblöcken, Mauerresten usw. durchsetzt waren, war dies eine außerordentlich zeitraubende, oft Sprengungen erfordernde Arbeit, die häufig genug von neuerlichen Schneemassen zunichte gemacht wurde. Als die Schnee- und Staublawinen zum größten Teil abgegangen waren, folgten meist Grund-, Schlamm- und Steinlawinen, die in der Regel Verwüstungen und Vermurungen der Wege und Straßen zur Folge hatten. Schlussendlich muss erwähnt werden, dass abgesehen von gezielten Steinlawinen keine Lawinen absichtlich von dem jeweiligen Gegner ausgelöst wurden, da diese durch die abgehenden Schneemassen meist selbst in größte Bedrängnis gerieten.


Zu Kälte, Schnee und Feind kam oftmals auch der Hunger. Bedingt durch die Witterung konnte der Nachschub nicht immer gewährleistet werden. Im Winter 1917/18 resultierte der Hunger aber auch aus den viel zu geringen Nahrungsmittelzuteilungen. Auch der Ernährungszustand der Zug- und Lasttiere ließ zu wünschen übrig, wodurch sich die Mobilität rapid verschlechterte.

Ein Brunnen zum Wasser fassen an der Isonzofront

Ein anderes Problem primär im Sommer war die Wasserarmut der Gebirge. Vor allem in den verkarsteten Isonzo Gebieten machte sich dies immer wieder bemerkbar. Auf der Kozmarica beispielsweise stand pro Soldat pro Tag lediglich ein Liter Wasser zur Verfügung, wobei die Hälfte davon in der Küche (für Suppe und Kaffee) verwendet wurde. Der Rest musste zum Trinken und Waschen reichen. So kam es, dass bis zu 20 Soldaten am Tag wegen Hitzschlags ausfielen . Aber auch im Winter barg der geschmolzene Schnee unsichtbare Gefahren. Der Schnee war oft mit Pikrin verseucht, ein chemisches Mittel, welches in erster Linie als Sprengstoff eingesetzt wurde. Bei der Explosion verunreinigte es Brunnen, Wasservorräte und den Schnee. Die Pikrinsäure äußerte sich in einer Grünverfärbung der Haare und rief Darmerkrankungen hervor .